01.11.2023

Frank Heinrich zu Paragraf 218 "Eine Aufweichung lehnen wir ab"

EAD-Politikbeauftragter zur EKD-Stellungnahme

Berlin (IDEA) – Der Vorstand und Politikbeauftragte der Evangelischen Allianz in Deutschland, Frank Heinrich (Berlin), hat Verständnis dafür, dass viele Christen angesichts der jüngsten EKD-Stellungnahme Sorge haben, dass der Schutz des ungeborenen Lebens weiter erodiert und scheibchenweise ausgehöhlt wird. Zum Hintergrund: Nach geltender Rechtslage sind Abtreibungen generell verboten, es sei denn eine Schwangere entscheidet sich innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen nach einem verpflichtenden Beratungsgespräch für eine vorgeburtliche Kindstötung. Der Rat der EKD hatte sich vor kurzem für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts ausgesprochen. Abtreibungen könnten teilweise auch außerhalb des Strafrechts geregelt werden. Das strebt auch die Ampelkoalition an, die eine „Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ eingesetzt und die EKD um eine Stellungnahme gebeten hatte. Spätestens ab der 22. Schwangerschaftswoche sollte eine Abtreibung demnach weiterhin strafrechtlich geregelt und nur in klar definierten Ausnahmefällen zulässig sein, so die EKD-Stellungnahme. Sie stieß auf viel Kritik von der Lebensrechtsbewegung, theologisch konservativen Protestanten sowie aus der römisch-katholischen Kirche. Heinrich erklärte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA, dass die Sorgen von Christen nachvollziehbar seien. Er gehe davon aus, dass sich die EKD an der bis Juni 2022 in den Vereinigten Staaten gültigen Regelung orientiere. Die bis dahin geltende Grenze für das Einsetzen der Strafbarkeit von Abtreibungen sei die 22. Schwangerschaftswoche, auch wenn er selbst das ablehne, so Heinrich. „Eine Aufweichung des Paragrafen 218 lehnen wir als Evangelische Allianz ab.“

Viele Menschen wissen gar nicht, dass Abtreibungen in Deutschland verboten sind

Eine Pflichtberatung, wie auch die EKD sie fordere, müsste künftig „im Sinne einer lebensbejahenden Beratung“ durchgeführt werden, und dürfe nicht ein bloßer „Programmpunkt zum Abhaken“ sein. Heinrich kritisierte zudem massive Wissenslücken beim Thema Abtreibung in der Öffentlichkeit, gerade was die rechtliche Situation angehe: „Die meisten Menschen gehen davon aus, dass Schwangerschaftsabbrüche völlig legal sind und wissen gar nicht, dass wir im Strafrecht ein Abtreibungsverbot stehen haben – und warum es da steht.“ Bevor über eine Neuregelung diskutiert werde, sei es zunächst geboten, neu ins Gedächtnis zu rufen, wie viel Arbeit es war, diesen politischen Kompromiss – zwischen Verbot und Ausnahmen vom Verbot – zu schließen. Dennoch begrüßte er, dass die Kirchen nun im Prozess um eine eventuelle Neuregelung der Abtreibungsgesetzgebung gehört würden. „In der politischen Kommission kommen sie nicht vor, das wurde zu Recht kritisiert“, sagte er. Dass die Kirchen nun gehört würden, begrüße er, „gerade zu einem so frühen Zeitpunkt in der Debatte“.