01.08.2019

124. Allianzkonferenz

Prof. Dr. Johannes Reimer: Durst nach Spiritualität so groß wie nie

Vortrag von Prof. Dr. Johannes Reimer

Am Mittwochabend hat im thüringischen Bad Blankenburg die 124. Allianzkonferenz begonnen. Unter dem Motto „Hoch und Heilig“ will die fünftägige Bibel-Konferenz bis zum Sonntag den Glaubensmut von Christen stärken. Im Zentrum von Predigten, Bibelarbeiten und Seminaren steht in diesem Jahr der Hebräer-Brief.

„Mit Jesus können viele im Zeitalter des Individualismus, wo der Mensch sich selbst zum Maß aller Dinge erhoben hat, nichts anfangen.“ Diese Ansicht hat der Theologe Johannes Reimer am Mittwochabend im Eröffnungsgottesdienst in der Konferenzhalle der Deutschen Evangelischen Allianz in Bad Blankenburg vertreten. Dennoch hätten die Menschen Verlangen nach Spiritualität. Das zeige sich beispielsweise am wachsenden Interesse an Esoterik-Messen und esoterischen Angeboten. Viele suchten übernatürliche Erfahrungen, Begegnung mit Geistern, Engeln und Dämonen. Reimer nannte den Absolutheitsanspruch von Jesus Christus als einen Grund, warum jedes Jahr Hundertausende die christlichen Kirchen verließen.

Leichtfertiger Umgang mit spirituellen Angeboten

Reimer zeigte sich erstaunt über die Leichtfertigkeit, mit der heute selbst Christen alternativen spirituellen Angebot nacheiferten. „Glaube, Glaubensgehorsam, Ehrfurcht vor Gott und Jesusfrömmigkeit nimmt dagegen ab“, beklagte Reimer. Noch nie seien Deutsche so spirituell interessiert gewesen und zugleich so weit vom christlichen Glauben entfernt wie heute. Der Theologe rief die Konferenzteilnehmer im Sinne des Verfassers des Hebräerbriefes dazu auf, neu zu Jesus Christus, dem „wichtigsten Glaubensinhalt“, zurückzukehren.
„In der Gegenwart Gottes und im Hören auf sein Wort erhalten wir die Stabilität im Auf und Ab der Tage und der Zeitströmungen und Zeitmeinungen. Hier erhalten wir Orientierung für unser Leben“, sagte der Leiter der Konferenz, Hartmut Steeb. Der ehemalige Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz Steeb, der dieses Amt seit 31 Jahren ausführte, leitet in diesem Jahr noch einmal die Konferenz. Er geht im Herbst in den Ruhestand. Sein Nachfolger im Amt als Generalsekretärs ist seit Juni des Jahres der Wirtschaftswissenschaftler Reinhardt Schink.

Kauder kritisiert Glaubens-Schlaffheit vieler Christen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Fraktionsvorsitzende Volker Kauder bemängelte in Bad Blankenburg die Schlaffheit, mit der viele Christen in Deutschland ihren Glauben lebten und äußerten. Er verwies auf die Glaubensgeschwister im Ausland, die unter Bedrängung ihren christlichen Glauben lebten. „Wenn verfolgte Christen sonntags den Gottesdienst besuchen, könnte es das letzte Mal sein. Sie tun es trotzdem“, sagte Kauder in seinem Grußwort und weiter: „Diese Glaubenskraft wünsche ich mir für unser Land.“ Deutschland brauche wieder Orientierung. Der Christdemokrat rief dazu auf, den Missionsauftrag auch im eigenen Land umzusetzen.

Forderung: Abschiebestopp für Christen in den Iran

Kauder würdigte das „beharrliche Wirken“ der Deutschen Evangelischen Allianz im Einsatz für verfolgte Christen weltweit und das Eintreten für Religionsfreiheit. Auch dadurch sei es unter anderem gelungen, in den Koalitionsvereinbarungen einen Beauftragten für Religionsfreiheit zu installieren. Der CDU-Politiker forderte in Bad Blankenburg von der Bundesregierung, einen generellen Abschiebe-Stopp für konvertierte Christen in den Iran durchzusetzen. „Es ist ein untragbarer Zustand, dass iranische Flüchtlinge, die hier zum Glauben gefunden haben, in einen Staat abgeschoben werden, in dem es keine Religionsfreiheit gibt“, sagte Kauder. Religionsfreiheit bedeute, seinen Glauben frei und öffentlich bekennen zu können.

Christen sollen Demokratie stärken

Der Unionspolitiker erteilte im thüringischen Bad Blankenburg politischen Extremen eine klare Absage. Er forderte Christen dazu auf, die Demokratie im Land zu stärken. „Wenn angegriffen wird, was hoch und heilig ist, dann dürfen wir nicht schweigen“, sagte Kauder auf der Konferenz in Mitteldeutschland. „Wir Christen können unseren Glauben nirgendwo besser leben als in einer Demokratie.“

Informationen zur Allianzkonferenz

Weitere Informationen zur DEA sowie zur Allianzkonferenz gibt es im Internet unter www.allianzkonferenz.de. Unter dem Hashtag #AKON2019 kann die Konferenz in den Sozialen Medien verfolgt werden. Eine KONFERENZ-APP - im AppStore unter „Allianzkonferenz“ verfügbar - stellt Besuchern und Interessierten alle Neuigkeiten, Fotos, Veranstaltungen und Termine direkt auf dem Smartphone zur Verfügung. Die Konferenz erwartet in diesem Jahr wieder wie im Vorjahr rund 1.700 Gäste aus dem ganzen Bundesgebiet, schwerpunktmäßig aus Sachsen, Thüringen und den angrenzenden Bundesländern. Bis zum Sonntag bietet die Konferenz Seminare und Workshops zu aktuellen politischen Themen wie etwa dem assistierten Suizid, dem Verhältnis zwischen Israel und Palästina oder der Situation von Christen weltweit. An der Konferenz können Besucher komplett teilnehmen oder auch als Tagesgäste ohne vorherige Anmeldung.

Die Evangelische Allianz ist ein Netzwerk verschiedener evangelisch gesinnter Organisationen und Gemeinden. Gegründet wurde sie 1846 in London als interkonfessionelle Einigungsbewegung. In Deutschland gib es rund 1.000 örtliche Allianzen. Vorsitzender der DEA ist Pastor Ekkehart Vetter, der hauptamtlich Präses des freikirchlichen Mülheimer Verbandes ist.

Die erste Bad Blankenburger Allianzkonferenz fand 1886 statt.