29.03.2020

Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. (Jesus nach Matthäus 18,20)

Ein Kommentar von Ekkehart Vetter

Ekkehart Vetter

Wer sich regelmäßig beteiligt, dem fehlt es derzeit kolossal: Christen können sich nicht in ihren Kirchen versammeln. Wann hat es das schon einmal gegeben? Der Staat verbietet Veranstaltungen aller Art, und Kirchen jeder Couleur sind mit betroffen. Ja, wir verstehen die Argumente, wir erklären uns solidarisch, aber Ostern naht, und es könnte das erste Ostern seit Menschengedenken werden, wo Christen in Deutschland sich nicht versammeln dürfen, um die Auferstehung des Herrn gemeinsam zu feiern.

Erste Stimmen werden laut, „die Kirchen“ würden ja klein beigeben. Gottesdienste seien Teil der (spirituellen) Grundversorgung von Menschen. Man dürfe den Staat hier nicht widerstandslos hineinregieren lassen. Karikaturisten machen sich bereits lustig und verteilen die den Gottesdienst ohnehin nur sehr spärlich besuchende Gemeinde mit „physical distance“ im geräumigen Kirchenschiff – Sicherheitsabstand ist gewährleistet. Wie Christen antworten, hängt auch mit der jeweiligen Theologie des Gottesdienstes in den Konfessionen zusammen. Aber darum geht es mir hier nicht.

Könnte es sein, dass die an sich verständliche Forderung, möglichst bald wieder Gottesdienste feiern zu dürfen, auf der anderen Seite vehemente Defizite in Bezug auf die Intensität geistlicher Gemeinschaft unter Christen offenbart? Jesus verspricht seine Gegenwart der kleinsten möglichen Gruppe, nämlich zwei (oder drei) Menschen, die in seinem Namen zusammen sind. Leben wir in unseren Kirchen diesen intensiven harten Kern geistlicher Gemeinschaft?

Eine ganze Reihe geistlicher Standards für das Miteinander von Christen im Neuen Testament ist wohl auch in großen Gruppen von Menschen denkbar, ist aber originär in engen persönlichen Beziehungen zu Hause. Was hier gelernt und gelebt wird, kann dann auch in große Zusammenhänge übertragen werden. Einige Beispiele:

  • Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe. (Johannes 13,34)
  • Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. (Römer 15,7)
  • In Demut achte einer den andern höher als sich selbst. (Philipper 2,3)

Die Coronakrise erinnert „die Kirchen“ vielleicht daran, dass wir eher schwach sind bei dieser ursprünglichsten aller geistlichen Gemeinschaften, den ganz wenigen, die im Namen Jesu in „gottesdienstlicher Qualität“, nämlich in seiner Gegenwart, zusammen sind.

Na klar, ich freue mich auf den Tag, wo wir wieder in unseren Gemeinden Gottesdienste gemeinsam feiern können, aber es wäre ein Jammer, wenn wir in Coronazeiten nur verbissen darauf warten, dass dies wieder möglich ist. Gegenwart Jesu erleben, einander in Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft und Liebe begegnen, miteinander beten, einander Trost und Segen zusprechen, all das und vieles andere mehr geht jetzt auch, nicht als methodischer Plan B, sondern als Wieder-Entdecken der vielleicht ursprünglichsten Form von geistlicher Gemeinschaft – zwei oder drei im Namen und in der Gegenwart Jesu beieinander.