08.01.2019

Zum Auftakt der Allianzgebetswoche (13. bis 20. Januar)

Autor, Ekkehart Vetter (Mülheim an der Ruhr), ist Präses des Mülheimer Verbandes Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden sowie erster Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz.

Ekkehart Vetter- 1.Vorsitzender der DEA

aus idea
Beten – was bringt’s?
Eine kurze E-Mail erscheint auf meinem Bildschirm: ob ich etwas zum Thema Gebet schreiben kann. Um die inhaltliche Linie zu beschreiben, enthält die Nachricht drei Fragen. Die erste lautet: „Beten, was bringt’s?“ Ich kann den Journalisten gut verstehen. Die Frage habe ich mir, haben unzählige Menschen sich gestellt, explizit oder implizit, bewusst oder unbewusst. Ja klar, das ist Teil unserer Kultur: Effektivität und Effizienz sind gefragt, Nutzen und Produktivität müssen messbar sein.

Ich sitze in einem Restaurant und beobachte Menschen an Nebentischen, die einander vertraut sein müssten, die sich aber einander anschweigend gegenübersitzen. Lebendige Beziehung sieht anders aus. Eine eigenartige Assoziation, während man über Gebet nachdenkt …

Gebet: Lebensstil, kein Notausgang

Neben meinem Schreibtisch hängt ein Zitat: „Prayer is a lifestyle, not an emergency exit“ – Gebet ist Lebensstil, kein Notausgang. Der Satz steht nicht umsonst da. Ich erspüre in ihm eine faszinierende geistliche Kultur, die ich leben lernen möchte – und er beschreibt eine Kastration von Gebet, die ich viel zu oft gelebt habe.

Wie oft haben wir Gebet entwertet, es zu einem „Deal“ mit Gott gemacht, unsere Wünsche Schlange stehen lassen, geschachert um Lebensglück und Gesundheit. Wie anders betete ein Gerhard Tersteegen (1697–1769), dessen Wohnhaus in meiner Stadt Mülheim an der Ruhr steht und an dessen 250. Todestag wir 2019 erinnern: „Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte, alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge.“ (EG 165)

Hineinfinden in etwas viel Größeres

Gebet, das habe ich aus den Psalmen gelernt, bedeutet ein sich Hineindenken, Hineinfühlen und Hineinfinden in etwas viel Größeres als mein Hier und Heute. Die Psalmbeter stellen die ganz großen, aber auch die alltäglichen Fragen, staunen über die unbegreifliche Größe Gottes und verschweigen nicht die ungelöste Warum-Frage, können sich nicht sattsehen an der Schöpfung und legen den Morgen und den Abend, das ganze Leben in Gottes Hände, singen und jubeln und stöhnen und seufzen, schreien in Todesgefahr, aber preisen die erfahrene Güte Gottes, intonieren ein Hochzeitslied und sind schier untröstlich angesichts des Erkennens ihrer Schuld.

Ein erweckliches Schwungrad

In wenigen Tagen beten Christen wieder gemeinsam – an vielen Orten in Deutschland. Wunderbar, dass die alte Dame Allianzgebetswoche (13. bis 20. Januar) sich vielerorts schon einer inspirierenden Frischzellenkur unterzogen hat. Das gemeinsame Gebet ist erweckliches Schwungrad gerade in der Apostelgeschichte. Grund genug, es auch in Deutschland landauf, landab wieder neu zu entdecken – um Jesu willen, dessen Herzensanliegen die Einheit seiner Jünger ist – „damit die Welt glaube“ (Johannes 17,21).