17.05.2017

Deutschland: Integration ist unterschätzt worden

Nun kommen die „Lebenslügen der Vergangenheit“ stärker heraus

Deutschland: Integration ist unterschätzt worden

Nun kommen die „Lebenslügen der Vergangenheit“ stärker heraus

 

Berlin (idea) – Die Integration von Asylbewerbern wird nicht immer gelingen. Wo sich Flüchtlinge widersetzen, muss Deutschland konsequent mit Abschiebungen reagieren. Diese Ansicht äußerte der Vorsitzende des Stephanuskreises im Deutschen Bundestag, Prof. Heribert Hirte (CDU/Köln), in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Integration setze voraus, dass beide Seiten dies wollten. Wer sich verweigere, könne hier nicht dauerhaft toleriert werden. Das Thema der Integration sei unterschätzt worden: „Jetzt werden die Problemfälle deutlich und die Lebenslügen der Vergangenheit kommen verstärkt heraus.“ Die Union habe die Voraussetzungen für Abschiebungen mittlerweile herabgesetzt. So werde sie ausreisepflichtigen Asylbewerbern nicht mehr vorab angekündigt, damit sie nicht untertauchen. Auch ärztliche Atteste, die eine Abschiebung verhindern sollten, würden strenger geprüft. Wer straffällig werde, könne seinen Flüchtlingsstatus verlieren und leichter ausgewiesen werden.

Warum nur wenige Angriffe auf christliche Flüchtlinge geahndet werden

Hirte nahm ferner zu Berichten von Übergriffen auf Christen durch muslimische Asylbewerber in deutschen Flüchtlingsunterkünften Stellung. Es stimme, dass es nur in wenigen Fällen zu Verurteilungen komme: „Das hat aber nichts mit staatlichem Versagen zu tun, sondern mit der Schwierigkeit, dem Angeklagten den Tatvorsatz nachzuweisen.“ Dass Fälle eingestellt werden, erlebe man bei Kriminalität sehr häufig. Zudem werde im Zweifel für den Angeklagten entschieden: „Das ist manchmal schwer zu akzeptieren.“ Eine grundsätzlich getrennte Unterbringung von Christen und Muslimen lehnte er ab. Es sei ein falsches Signal. Allen Asylsuchenden müsse von Beginn an beigebracht werden, dass hier Religionsfreiheit herrsche.

Wenn Mitarbeiter in Behörden kein Verhältnis zur Religion haben

Hirte äußerte sich auch zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Dem Amt wird vorgeworfen, bei christlichen Konvertiten den Glauben zu prüfen. Zudem soll es zu hundertfachem Asylmissbrauch gekommen sein, bei dem Flüchtlinge versucht haben, sich mit Scheinübertritten vom Islam zum Christentum die Anerkennung als Asylbewerber zu erschleichen. Laut Hirte hat in Deutschland eine „Entreligiösierung“ stattgefunden. Das mache auch vor Behörden wie dem BAMF nicht halt: „Wenn Mitarbeiter kein Verhältnis zur Religion haben, wird es bei dem Thema schwierig.“ Hirte ist Professor für Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg und gehört seit 2013 dem Bundestag an. Im März 2014 übernahm der Katholik den Vorsitz des Stephanuskreises. Das überkonfessionelle Gesprächsforum innerhalb der Unionsfraktion im Bundestag kümmert sich um die Situation verfolgter Christen in aller Welt.

Politik-Beauftragter der Evangelischen Allianz: BAMF darf den Glauben nicht prüfen

An dem Interview nahm auch der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung in Berlin, Uwe Heimowski, teil. Wie er sagte, lehnt die Allianz eine Glaubensprüfung durch das BAMF ab: „Das geht in den Bereich der Gewissensfreiheit hinein, dazu kann eine Behörde nicht befinden.“ Es sei weder menschenrechtlich noch theologisch in Ordnung. Stattdessen sollten die Kirchengemeinden stärker in den Prozess der Entscheidung eingebunden werden: „Sie sind in der Verantwortung, die Konvertiten sorgfältig zu unterweisen, und die allermeisten Kirchen tun dies auch.“ Die Kirchenvertreter könnten berichten, ob die konvertierten Asylbewerber in die Glaubensgemeinschaft integriert seien: „Diese Auskünfte müssen in der Entscheidung das BAMF wesentlich berücksichtigt werden.“ Auch wenn mittlerweile viele Asylbewerber dezentral untergebracht seien, sei der eigentliche Konflikt zwischen christlichen und muslimischen Flüchtlingen nicht gelöst. Ein junger Muslim in der thüringischen Stadt Gera habe ihm erzählt, dass er von einer Helferin eine Kreuzkette geschenkt bekam. Er habe sie auch im Sprachkurs getragen. Dort sei er von anderen muslimischen Teilnehmern bedroht worden: „Wenn Du damit noch einmal auftauchst, kriegst Du Probleme.“ Heimowski: „Er hat sich nicht mehr getraut, dort hinzugehen. Die kulturellen und religiösen Konflikte gehen tief, das ist nicht nur eine Frage der Unterbringung.“

Religion muss ein Kernthema der Entwicklungspolitik sein

Heimowski lobte den Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU), weil er erkannt habe, dass Religion ein Kernthema der Außen- und Entwicklungspolitik sein müsse. So stehe in der Stellungnahme des Ministeriums „Religionen als Partner in der Entwicklungszusammenarbeit“ von 2016, dass Religion viel stärker bei der Zusammenarbeit und in der Auswahl der lokalen Partner berücksichtigt werden müsse.