08.11.2010

Familie als Bildungsort wird unterschätzt

30 Prozent der unter 18-Jährigen wachsen in Risikolage auf

Familie als Bildungsort wird unterschätzt

30 Prozent der unter 18-Jährigen wachsen in Risikolage auf

Hannover (idea) – In der Diskussion um Bildungsgerechtigkeit wird die Familie unterschätzt. Das sagte der Direktor des Deutschen Jugendinstituts, Prof. Thomas Rauschenbach (München), am 8. November vor der EKD-Synode in Hannover. Das Kirchenparlament hat das Schwerpunktthema „Niemand darf verloren gehen! - Evangelisches Plädoyer für mehr Bildungsgerechtigkeit“. Nach Rauschenbachs Worten ist die Familie „der Bildungsort Nummer eins“. Angebote in Kindergärten und Schulen könnten nur ergänzen, was Kindern zuhause vermittelt werde. Wie er sagte, wüchsen 30 Prozent der unter 18-Jährigen in einer sozialen, finanziellen oder kulturellen Risikolage auf. Dieser zunehmenden Bildungskluft könne man am besten begegnen, wenn man ihr möglichst zeitig begegne. 60 bis 70 Prozent der Grundlagen für die Zukunft eines Menschen entschieden sich in den ersten sechs Lebensjahren. Wichtiger als einheitliche Schulabschlüsse sei es daher, Kinder von Anfang an zu fördern. Auf diese Weise könnten die mitunter schwierigen „herkunftsbedingten Abhängigkeiten“ abgeschwächt werden. Konkret sprach sich Rauschenbach für die Einrichtung von Zentren aus, wo Familien miteinander ins Gespräch kommen könnten und Beratung bekämen. Auch seien der Rechtsanspruch auf ein Beutreuungsangebot für unter dreijährige Kinder ebenso unentbehrlich wie eine gezielte Förderung bildungsferner Kinder und Jugendlicher.

Markschies: Für eine „Bildungsgerechtigkeit nach dem Vorbild Jesu“

Der Theologieprofessor und frühere Präsident der Berliner Humboldt-Universität, Christoph Markschies, plädierte für eine „Bildungsgerechtigkeit nach dem Vorbild Jesu“. Wenn von Bildung gesprochen werde, dürfe es nicht nur um „eine bloße Ansammlung irgendwelcher Bildungsgüter“ gehen. Markschies sprach sich für eine Wiederentdeckung des „altmodischen“ Begriffes der Herzensbildung aus. Bei Bildung gehe es nicht nur um Faktenwissen, sondern auch um Einfühlungsvermögen. Um dieses zu vermitteln, müssten sich Eltern und Lehrer vor allem mehr Zeit für Kinder nehmen. Markschies regte auch Kinderpatenschaften an, die besonders in „einschlägigen Vierteln“ und den Schulen in bekannten Problemgebieten helfen könnten. Die evangelische Kirche sollte solche Initiativen „sehr sichtbar“ unterstützen.