22.01.2004

Der örtlichen Evangelischen Allianz in Stuttgart steht ein Bäckermeister vor

Gerhard Lieb und seine Familie im Porträt

Der örtlichen Evangelischen Allianz in Stuttgart steht ein Bäckermeister vor

Gerhard Lieb und seine Familie im Porträt

Im Zusamenhang mit der Allianzgebetswoche porträrtierte die evangelische Nachrichtenagentur idea den Stuttgarter Allianzvorsitzenden Gerhard Lieb und seine Familie. Wir nehmen diesen idea-Artikel von Marcus Mockler gerne auf:

„Daß vier Generationen unter einem Dach leben, ist im deutschsprachigen Europa eine Seltenheit geworden. Die christliche Bäckersfamilie Lieb hat diesen Segen über Jahrzehnte genossen. In dem großen Haus in der Stuttgarter Wagenburgstraße, das heute neben der Bäckerei sieben Parteien Wohnung gibt, fand sich immer ein Platz für die nachkommende Generation. Aufwachsen, arbeiten, feiern, aber auch Sterben erleben die Familienmitglieder unter demselben Dach.
Gotthilf Lieb bezog 1920 das Haus, seitdem bilden Familie und Betrieb eine räumliche Einheit. Ein lebendiger Glaube an Jesus Christus ging von einer Generation auf die nächste über. Von Gotthilf Lieb (1. Generation, gestorben 1959) auf Sohn Ernst (2. Generation), Enkel Gerhard (3. Generation) und Urenkel Andreas (4. Generation), der mit seiner Frau und drei Kindern (5. Generation) ebenfalls im Haus wohnt. Gotthilf Lieb leitete in Stuttgart die pietistische Hahnsche Gemeinschaft. Vor dem Ersten Weltkrieg verpachtete er die Bäckerei für ein Jahr und ging für die Christliche Bäckervereinigung in den vollzeitlichen Dienst. Er gründete Ortsgruppen – etwa in Tübingen und in Ludwigsburg – und hatte die Verteilerstelle für die Zeitschrift „Lebensbrot“, die Menschen im Bäckerhandwerk bis heute auf das Evangelium hinweist.

Familie schafft Freiraum
Gotthilf Liebs Enkel Gerhard ist heute 72. Er leitete bei der Christlichen Bäckervereinigung 27 Jahre die Stuttgarter Ortsgruppe, 13 Jahre auch den württembergischen Landesverband. Seit 10 Jahren steht er der Evangelischen Allianz der Stadt vor. „In manchen Phasen ist das fast ein Halbtagsjob“, sagt er mit einem Lächeln. Allianz-Gebetswoche, vierteljährlicher „JuGo“ (Jugendgottesdienst) mit bis zu 3.000 Besuchern, jährlicher Gottesdienst am Reformationstag, „ProChrist“ und evangelistische Aktionen verlangen einiges an Organisationsarbeit.
Daß sich die Liebs so stark für die christliche Botschaft engagieren können, hat etwas mit dem Mehr-Generationen-Haushalt zu tun. Hilfe und gegenseitige Unterstützung sind eigentlich immer da. Obwohl Gerhard Lieb die Bäckerei schon vor zwölf Jahren an seinen Sohn Andreas übergeben hat, steht er bis heute jeden Vormittag in der Backstube. Hat sein 41jähriger Sohn einen Auswärtstermin – manchmal gibt er bei christlichen Veranstaltungen Proben seines Könnens auf der Trompete, manchmal führt er dank seines Busführerscheins christliche Reisegruppen aus -, dann langen neben den Angestellten eben auch die anderen Familienmitglieder im Betrieb mehr hin.

„Du bist jetzt der Chef“
Gerhard Liebs Eltern Ernst und Emilie konnten auch noch im Hause bleiben, als sie alt und gebrechlich waren. Die Mutter starb 1998, der Vater im Jahr 2000. Seitdem ist die Generationenzahl nach Jahrzehnten wieder auf drei zurückgegangen. Gerhard Liebs Ehefrau Margret, die wesentlichen Anteil an der Pflege der Schwiegereltern trug, ist noch heute dankbar auch für die schweren Tage. „Ich möchte diese gemeinsame Zeit nicht missen.“ Insbesondere der geistliche Abschluß an jedem Abend, bei dem eine Andacht vorgelesen und sämtliche Strophen eines Gesangbuchliedes gesungen wurden, waren für sie selbst eine Bereicherung. Gerührt hat es sie, als ihr die Schwiegermutter eines Tages einen Dank in Versform überreichte.
Geht man sich unter einem Dach nicht manchmal auch auf den Wecker? Da jede Familie im Haus eine eigene Wohnung hat, leben die Liebs nicht zu eng aufeinander. Wichtig ist ihnen die biblische Aufforderung, den Tag versöhnlich zu beschließen und „die Sonne über unserem Zorn nicht untergehen zu lassen“ (Eph 4,26). Rücksichtnahme und Respekt sind oberstes Gebot. Als Gerhard Lieb 1992 seinem Sohn das Geschäft übergab, sagte er: „Du bist jetzt der Chef.“ Seitdem hat er Andreas schalten und walten lassen – was ihm, wie er zugibt, nicht bei jeder betrieblichen Entscheidung leicht gefallen ist.“