11.10.2001

Tendenziös falsche Berichterstattung im neuesten Spiegel

Steeb: Es ist falsch, alle Weltreligionen im Hinblick auf den möglichen Terrorismus auf eine Stufe zu stellen

Tendenziös falsche Berichterstattung im neuesten Spiegel

Steeb: Es ist falsch, alle Weltreligionen im Hinblick auf den möglichen Terrorismus auf eine Stufe zu stellen

In der Titelgeschichte des Spiegel über den Terrorismus "Gott will es" werden Christen in die Nähe möglicher gewalttätiger Fundamentalisten gestellt. Nach Auffassung von Hartmut Steeb, dem Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, muß diese undifferenzierte Berichterstattung u.a. schon aus folgenden Gründen zurückgewiesen werden:

1.
Wenn der Hinduismus als "sanfte Religion" bezeichnet wird, kann man nur den Kopf schütteln über so viel historisches Unwissen. Der Hinduismus ist keine sanfte Religion, sondern ein seit 3.500 Jahren bestehendes Gewaltsystem. Die Aufrechterhaltung der kastenlosen Dallits zum Beispiel ist die schlimmste Form und der am längsten bestehende Rassismus, den es weltweit gibt. Im achten Jahrhundert ist durch den Hinduismus die größe Religionsverfolgung der Weltgeschichte überhaupt geschehen, und zwar gegen die Buddhisten.

2.
Das alttestamentliche Zitat "Auge um Auge, Zahn um Zahn" wird als Widerspruch zum neutestamentlichen Friedensauftrag und damit als Beweis für grundsätzliche Widersprüche innerhalb der Bibel angesehen. Dabei wird religionssoziologisch überhaupt nicht aufgenommen, daß es sich seinerzeit um eine Beschränkung der Rache handelte. Denn unser menschliches Empfinden lautet ja - wie man schon bei Kindern sehen kann - "Wie du mir, so ich dir doppelt".

3.
Die undifferenzierte Begriffsverwendung von "fundamentalistisch" ist erschreckend. Sowohl in der amerikanischen Erweckungsbewegung als auch unter den Katholiken sind sog. "Fundamentalisten" keine gewaltbereiten Christen, sondern Leute, die sich konsequent auf die Bibel als das Wort Gottes stellen als das Fundament ihres Glaubens. Sie auf die gleiche Ebene mit den gewaltbereiten Fundamentalisten aus dem Islam zu stellen ist verleumderisch. Die erwähnte "geistliche und geistliche Kampfführung" ist der verbale "Streit um die Wahrheit", keinesfalls aber ein gewaltbereiter Extremismus.

4.
Besonders augenfällig und entlarvend ist, daß in dem Hintergrundartikel "Krieg gegen Dämonen" schon der Kampf gegen die Abtreibung als eine gefährliche fundamentalistische Lebensäußerung gewertet wird. Das Gegenteil aber ist der Fall: Wer für Abtreibungen ist, ist ein gewaltbereiter Mensch, der seine Interessen gewaltsam durch die Tötung ungeborener Kinder durchsetzt. Das sind in Deutschland mehr als 100.000 ungeborene Kinder jährlich und weltweit leider Millionen. Wer sich gegen Abtreibungen einsetzt, setzt sich für den Frieden ein, für das Lebensrecht. Man sollte doch wenigstens zwischen Lebensbejahung und Lebensverneinung unterscheiden können.

5.
Geradezu grotesk ist es, die friedliche Demonstration für Jesus beim Jesus-Tag im vergangenen Jahr in Berlin (offenbar hat der Spiegel noch gar nicht gemerkt, daß ganz bewußt, um Mißverständnisse zu vermeiden, der Begriff Jesus-Marsch nicht mehr gewählt wurde) in die Reihe der alarmierenden Ereignisse eingereiht wird. An diesem Jesus-Tag haben sich auch Vertreter der Deutschen Evangelischen Allianz beteiligt. Aber selbst wenn sie diese mit in "gefährliche Fundamentalisten" einreihen wollten, wäre doch wenigstens zur Kenntnis zu nehmen, daß selbst der des Fundamentalismus nun wirklich nicht zu verdächtigende Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, die Veranstaltung begrüßt hat und teilweise mitgelaufen ist. Zu behaupten, dieser Marsch habe die "kirchliche Obrigkeit" alarmiert, ist absolut falsch.

Beibt die Frage, warum der Spiegel daran interessiert ist, den fatalen islamistischen Fundamentalismus mit seinen jedermann erkennbaren Terroranschlägen durch eine äußerst billige und falsche Gleichmacherei zu verharmlosen.

Hartmut Steeb
Generalseketär der
Deutschen Evangelischen Allianz