28.05.2001

"Daeubler-Gmelin - allein im Kabinett"

Bundesjustizministerin pocht bei Embryonenforschung auf Verfassung

"Daeubler-Gmelin - allein im Kabinett"

Bundesjustizministerin pocht bei Embryonenforschung auf Verfassung

Berlin (ALfA). Gentests an kuenstlich befruchteten Embryonen und die Forschung an Embryozellen sind nach Ansicht von Bundesjustizministerin Herta Daeubler-Gmelin (SPD) weder mit dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) noch mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies geht aus einem fuenfseitigen Positionspapier der Ministerin hervor, mit dem sich das SPD-Praesidium am Montag befasste.

In dem Papier, das der Redaktion des ALfA-Newsletters vorliegt, heisst es u.a.: "Es ist selbstverstaendlich und entspricht sowohl den Grundwerten der SPD wie auch den Geboten unserer Verfassung (...), dass der Staat menschliche Wuerde und menschliches Leben schuetzt, das mit der Verschmelzung von Samenzelle und Ei beginnt."

 

Nach Ansicht der Justizministerin verbietet die Verfassung sowohl die so genannte Praeimplantationsdiagnostik (PID) als auch die Gewinnung von embryonalen Stammzellen aus kuenstlich befruchteten Eizellen. Daran wuerde auch eine Aenderung des Embryonenschutzgesetzes nichts aendern. "Nach den grundsaetzlichen Wertentscheidungen unserer Gesellschafts- und Rechtsordnung laesst es sich nicht ueberzeugend begruenden, dass die Erzeugung menschlichen Lebens allein zu dem Zweck seiner Vernichtung statthaft sein sollte, mit der die Gewinnung embryonaler Stammzellen notwendigerweise verbunden ist", heisst es dazu weiter.

Zur Praeimplantationsdiagnostik (PID) erklaert die Justizministerin: "Die PID ist nach dem geltenden Embryonenschutzgesetz verboten." Bei der PID werden kuenstlich befruchtete Embryonen auf erbliche Krankheiten untersucht. Ziel ist es, nur gentisch unverdaechtige Embryonen auf die Mutter zu uebertragen. Embryonen, die den Gentest nicht bestehen, werden vernichtet.

Daeubler-Gmelin verweist auf den Schutzauftrag des Staates, der fuer menschliches Leben ab der Verschmelzung von Ei und Samen gelte. Biomedizinische Methoden duerften nicht verwendet werden, um zu selektieren oder Menschen zu diskriminieren.

Sowohl im Kabinett der Schroeder-Regierung als auch im SPD-Praesidium steht die Bundesjustiz-ministerin mit diesen Positionen relativ allein da. Sowohl Bundeskanzler Gerhard Schroeder als auch Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt plaedieren fuer einen durchlaessigeren Embryonenschutz.

Wie die katholische Zeitung "Die Tagespost" berichtet (Ausgabe vom 10.05.), vertagte die Parteispitze die Verabschiedung einer gemeinsamen Haltung zur Forschung an Embryonen auf den 21. Mai und beauftragte Bundesjustizministerin Daeubler-Gmelin fuer die dann anberaumte Sitzung mit Bundesforschungsministerin Bulmahn eine gemeinsame Vorlage zu erarbeiten. Wie das Blatt unter Berufung auf Parteikreise weiter berichtete, hatte sich Bulmahn auf der Sitzung des SPD-Parteipraesidiums fuer eine Vereinbarkeit der PID und der Forschung mit embryonalen Stammzellen mit der Verfassung ausgesprochen und sich zu diesem Zweck auch mit Bundesgesundheits-ministerin Ulla Schmidt abgestimmt, die an der Sitzung nicht teilnahm. So sei in ein aus dem Forschungsministerium stammendes Papier kurzfristig noch die Positionen der Gesundheitsministerin eingearbeitet worden. Weil aber dessen Inhalt zu brisant sei, um als Tischvorlage behandelt zu werden, waere diese Vorlage noch nicht diskutiert worden.