17.06.2001

Schwere Erblast: Ockenfels sieht Politik bei der Gentechnik in der Abtreibungsfalle

Fulda (ALfA). Auf dem Kongress "Freude am Glauben", den das "Forum Deutscher Katholiken e.V." am 8./9.Juni in Fulda veranstaltete und zu dem mehr als 800 Teilnehmer gekommen waren, wurden im Rahmen einer Podiumsdiskussion das aktuelle Thema Gentechnik in einen Zusammenhang mit der Abtreibungsfrage gestellt. Die Politik sitze hier "in der Abtreibungsfalle", auch die Glaubwuerdigkeit der Kirchen habe "durch ihr verfehltes Engagement in der Schwangerenkonfliktberatung Schaden gelitten", sagte der Trierer Sozialwissenschaftler und Dominikanerpater Wolfgang Ockenfels.

In Anspielung auf den Vorstoss des nordrhein-westfaelischen Ministerpraesidenten Wolfgang Clement, Embryonen zu Forschungszwecken aus Haifa zu importieren, sagte Ockenfels, es sei ein Skandal, dass deutsche Politiker sich um den Import von Embryonen mit juedischen Eltern bemuehten, um damit "wieder in Deutschland herumzuexperimentieren". Gerade die Deutschen truegen hier eine schwere Erblast und es gehe nicht an, "dass man schon wieder eine neue Rasse zuechten will".

Der fruehere Sozialminister von Nordrhein-Westfalen, Friedhelm Farthmann, unterstuetzte diese Position, wies aber auf den Widerspruch hin, dass die Forschung an Embryonen verboten sei, gleichzeitig aber die Abtreibung straffrei gestellt sei. "Diesen Widerspruch kann ich keinem Buerger auf der Strasse erklaeren," sagte der lang-jaehrige Minister im Kabinett Rau. Hier hole uns "die Diskussion ueber die Abtreibung wieder ein". Farthmann zeigte wenig Verstaendnis fuer die offiziellen Repraesentanten des katholischen Deutschlands in dieser Frage. Erst der Papst habe sie zur Ordnung rufen muessen und nur Bischof Dyba sei "der einzige konsequente" gewesen. Der protestantische Politiker warnte die Kirchen davor, hier "weitere zeitgeistliche Konzessionen" zu machen, die man spaeter nur "bitter bereuen" koennte.

Der CSU-Politiker Thomas Fuerst, Mitglied im JU-Bundesvorstand, raeumte ein, dass die C-Parteien bislang keine Antwort fuer den Wertungswiderspruch gefunden haetten. Persoenlich sei er der Auffassung, das Ergebnis koenne nicht sein, die Embryonenforschung zu erlauben. "Vielmehr muessen wir darauf hinarbeiten, die Abtreibung zu verbieten". Auch wenn er fuer diese Position in seiner Partei vielfach Unterstuetzung erfahre, sei sie derzeit in der Union doch nicht mehrheitsfaehig. Fuerst verwies auf den Meinungswandel in der Lebensschutzfrage in den USA und fragte: "Warum solle das hier nicht auch moeglich sein?".

Ockenfels meinte dazu, es waere hierzulande schon viel erreicht, "wenn der Staat wenigstens die Finanzierung der Abtreibung ueber die Sozialkassen einstellen wuerde". Farthmann ergaenzte, die Kirche koenne sich mit dem Status quo nicht abfinden, "sie hat hier Zeichen zu setzen", alles andere waere "pure Heuchelei".