17.06.2001

Meine Arbeit, meine Lizenzrechte, meine Kohle: Bonner Stammzellenforscher im FAZ-Gespraech

Bonn (ALfA). In einem gross anlegten Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 13.06.) geben die beiden in der Kritik stehenden Neuropathologen Oliver Bruestle und Otmar Wiestler bereitwillig Auskunft ueber Ziel und Zweck ihres Vorhabens in Deutschland mit embryonalen Stammzellen zu forschen.

Beide Forscher warnen zunaechst vor ueberzogenen Erwartungen. Die Vorstellung man koennen aus embryonalen Stammzellen ganze Organe fuer die Transplantationsmedizin zuechte sei ebenso utopisch, wie Stammzellentherapien fuer so komplexe Krankheiten wie Multiple Sklerose oder Parkinson fuer die naechsten Jahre anzukuendigen. Querschnittslaehmungen und Mukosviszidose seien durch Stammzellenforschung ohnehin nicht unmittelbar zu heilen. Woertlich sagte Bruestle der Zeitung: Er halte es "fuer ein Unding, mit den Hoffnungen von Patienten zu argumentieren, die jetzt an diesen Erkrankungen leiden".

Wie viele Embryonen fuer die Forschung verbraucht wuerden, konnten die beiden Wissenschaftler nicht angeben. Wiestler sagte dem Blatt: "Ich glaube es ist sehr schwierig da mit wirklichen Zahlen zu operieren. Die Erfahrung mit Maeusezellen sprechen in meinen Augen eindeutig dafuer, dass der Bedarf an Embryonen begrenzt sein wird."

Die Forscher, die zunaechst an aus Israel importierten embryonalen Stammzellen forschen wollten, raeumten ein, spaeter auch an in Deutschland gewonnenen embryonalen Stammzellen forschen zu wollen und befuerworteten die dafuer noetige AEnderung des deutschen Embryonenschutzgesetzes. "Die Importloesung ist natuerlich mit zwei Nachteilen behaftet. Zum einen gibt es das Argument der Glaubwuerdigkeit. Koennen wir konsequent ethisch schwierige Bereiche auslagern, aber den Nutzen in Anspruch nehmen. Zudem gibt es ganz konkrete Abhaengigkeiten. Wenn wir ein Forschungsprojekt aufs Papier bringen und dafuer Zellen von der Universitaet Wisconsin beziehen wuerden, dann koennten die Kollegen dort mitentscheiden, was wir erforschen duerfen und was nicht. Auch die spaeteren Nutzungsrechte fallen den auslaendischen Kollegen zu. Das waere eine kostenfreie Auftragsforschung deutscher Wissenschaftler fuer Wisconsin, gefoerdert mit deutschen Steuergeldern", zitiert das Blatt Bruestle.

Dagegen sei der Import aus Israel kostenlos, da es sich in diesem Fall um eine "akademische Kollaboration" handele. Erst wenn es um "konkrete therapeutische Anwendung mit kommerziellen Chancen ginge", muessten die Bonner Forscher die Zellinien "teuer reimportieren und lizensieren". Deshalb sei es, so Bruestle weiter, noetig, "mittelfristig auch in Deutschland solche Zellinien herzustellen."

 

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