26.12.2001

"Taliban" als Schimpfwort gegenüber engagierten Lebensschützern

Entgleisung: EU-Kommissar vergleicht Gentechnik-Kritiker mit Taliban

"Taliban" als Schimpfwort gegenüber engagierten Lebensschützern

Entgleisung: EU-Kommissar vergleicht Gentechnik-Kritiker mit Taliban

Bruessel (ALfA). Der fuer Forschungsfragen zustaendige EU-Kommissar Philippe Busquin hat die Gegner der Embryonenforschung in die Naehe der Taliban gerueckt. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag (18.12.), in der der EU-Kommissar die Konferenz der Europaeischen Kommission zum Thema Stammzellen vorstellte, wurde Busquin gefragt, warum bei dieser Konferenz keine ausgewiesenen Gegner der Embryonenforschung als Redner oder Podiumsteilnehmer eingeladen worden seien (aus Deutschland waren unter anderem der Praesident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Ernst Ludwig Winnacker, die Nobelpreistraegerin Nuesslein-Vollhardt aus Tuebingen und die Vorsitzende der Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag, Margot von Renesse, eingeladen). Auf die Frage, warum keine Gegner der Embryonenforschung eingeladen worden seien, antwortete Busquin, die EU-Kommission habe "keine Taliban" eingeladen.

 

"Dies ist eine unglaubliche Entgleisung. Der Kommissar scheint damit die Gegner der Embryonenforschung mit dem verbrecherischen Regime der Taliban auf eine Stufe zu stellen. Die Gegnerschaft zur Embryonenforschung ist aber keine fundamentalistische Extremposition, sondern eine relevante Position in der europaeischen Debatte", kommentierte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese, der auch Vorsitzendet der Arbeitsgruppe Bioethik der groessten Fraktion im Europaeischen Parlament (EVP/ED) ist, den Vorfall.

Liese machte zu dem darauf aufmerksam, dass in Deutschland die Position von Winnacker, Nuesslein-Vollhardt und von Renesse aber keineswegs die dominierende oder gar allgemein akzeptierte Position sei. "Die Mehrheit der Mitglieder der Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag lehnt den Import von embryonalen Stammzellen ab", erklaerte Liese.

Auch habe sich nahezu die Haelfte der Abgeordneten im Europaeischen Parlament dafuer ausgesprochen, die Embryonenforschung grundsaetzlich von der EU-Foerderung auszuschliessen. Im Ministerrat haetten vier Staaten (Italien, Deutschland, Irland und OEsterreich) eine solche Position vertreten. In Deutschland lehne die Mehrheit der Bevoelkerung sogar den Import embryonaler Stammzellen ab. "All diese Vertreter werden durch die AEusserung von Busquin beleidigt", so Liese weiter.

Liese hat sich in einem Brief an Kommissionspraesident Prodi gewandt und ihn gebeten umgehend klarzustellen, dass die Kommission nicht die Position von Herrn Busquin teilt. Busquin soll sich in aller Form entschuldigen.

Kritik an Busquin, der die Gegner der Embryonenforschung in die Naehe von Taliban gerueckt hat, uebte auch der stellvertretende Vorsitzende der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" Hubert Hueppe MdB (CDU). EU-Kommissar Busquin muesse sich Kritik an der einseitigen Zusammensetzungeiner EU-Konferenz zur Stammzellenforschung gefallen lassen, weil nur Referenten das Wort erhielten, die Embryonenforschung befuerworten, erklaerte Hueppe.

Busquin habe versucht dieser Kritik entgegen zu treten und werde mit der Aussage "Wir haben aber keine Taliban eingeladen" zitiert. Damit stelle der EU-Kommissar "Personen, die die Forschung an menschlichen Embryonen ablehnen, in die Naehe fanatischer Fundamentalisten und terroristischer Massenmoerder", kritisierte Hueppe. "Diese unerhoerte Entgleisung zeigt, dass Busquin fuer den sensiblen Bereich der Forschungspolitik ungeeignet ist. Die Bundesregierung muss diesen Vorgang auf Ministerebene zur Sprache bringen", so Hueppe weiter.