06.12.2001

Weltweite Empoerung: Reaktionen auf das Klon-Experiment

Berlin (ALfA). Das erste bekannt gewordene Klonen eines menschlichen Embryos in den USA ist international auf heftige Ablehnung gestossen.

 

"Das Experiment der Firma Avanced Cell Technology (ACT), die nach eigenen Angaben erstmals menschliche Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen geklont hat, zeigt unmissverstaendlich, wohin die Forschung mir ES-Zellen fuehren wird: Zur Produktion menschlicher Embryonen, deren einziger Zweck darin besteht, als Rohstofflieferant fuer ES-Zellen zu dienen", erklaerte die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht fuer Alle e.V. (ALfA), Claudia Kaminski, in einer ersten Stellungnahme.

Die Aerztin erinnerte daran, dass viele Befuerworter der embryonalen Stammzellenforschung, das sogenannte therapeutische Klonen als Konsequenz der Forschung mit ES-Zellen betrachten. So habe nicht nur der ACT-Vizepraesident Robert Lanza betont, dass wer das Problem der Gewebeabstossung loesen wollen, am therapeutischen Klonen nicht vorbeikomme. Auch Detlev Ganten, Leiter des Berliner Max-Delbrueck-Centrum, habe laengst erkannt, dass das therapeutische Klonen die "logische Folge" der embryonalen Stammzelle
nforschung sei. "Ethische Beurteilungen und politische Entscheidungen muessen sich an der Wirklichkeit orientieren. Wer daher glaubt, dass therapeutische Klonen ablehnen, die Forschung an embryonalen Stammzellen aber befuerworten zur koennen, verweigert sich der Wirklichkeit."

"Auch fuer diejenigen, die in einem geklonten menschlichen Embryo, keinen manipulierten Menschen im Fruehstadium seiner Entwicklung zu erblicken vermoegen, gibt es gute Gruende gegen das therapeutische Klonen zu sein. Denn selbst wenn es sich bei dem Klon nur um menschliches Leben handeln wuerde, was meiner Ueberzeugung nach eine unzureichende Beschreibung ist, handelt es sich doch um etwas voellig anderes, als um eine Goldmine, die man nach Belieben oder wegen guter Absichten ausschlachten darf", so Kaminski weiter.

Aehnlich aeusserte sich der Vize-Vorsitzende der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin", Hubert Hueppe (CDU). Auch Hueppe sprach sich gegen den in Deutschland strittigen Import embryonaler Stammzellen aus.

NRW-Ministerpraesident Wolfgang Clement (SPD) nannte die US-Experimente nicht verantwortbar. Er hielt jedoch an der Forderung fest, den Import von Stammzellen zu erlauben.

Auch CDU-Vize Juergen Ruettgers lehnte gegenueber der "taz" ein absolutes Verbot des Imports von menschlichen Stammzellen ab. Es sei wichtig, sehr sorgfaeltig und mit der noetigen Zeit nach einer ethisch verantwortlichen Loesung dieser Frage zu suchen. Dennoch seien die Experimente "menschenverachtend". Es duerften "keine Menschen im Labor hergestellt werden, um sie fuer medizinische Experimente zu zerstueckeln. Kein Heilungszweck kann diese toedlichen Machenschaften rechtfertigen."

 

Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) warf den Wissenschaftlern Verantwortungslosigkeit vor und betonte, sowohl das therapeutische als auch reproduktives Klonen seien in der Bundesrepublik verboten. Bulmahn kritisierte die "Doppelmoral" in den USA, weil dort Klon-Experimente nicht mit oeffentlichen Geldern finanziert, private Firmen jedoch freie Hand gelassen werde.

Joerg-Dietrich Hoppe, Praesident der Bundesaerztekammer, sagte der Tageszeitung "Die Welt", die geklonten Embryonen seien "ein Alptraum, der nun leider Wirklichkeit geworden ist". Die Experimente offenbarten eine "erschreckende Geringschaetzung des Lebens".

Die Medizin-Nobelpreistraegerin und Professorin fuer Entwicklungsgenetik Christiane Nuesslein-Volhard aeusserte gegenueber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Ansicht, dass die "duerftigen" Ergebnisse die Forschung nicht weiterbraechten. Die Zahl der verbrauchten Embryonen sei zu gross angesichts der "niedrigen Ausbeute".

Ian Wilmut, Schoepfer des Klonschafs Dolly, bezweifelte gegenueber BBC ernsthaft, dass es sich bei den geklonten Embryonen tatsaechlich um "wahre Klone" handele, da sie, gemessen an ihrem Entwicklungsstadium, "viel mehr Zellen" haben muessten.

Der Vorsitzender des Nationalen Ethikrats, Spiros Simitis, sagte dem "Handelsblatt": "Die Entscheidung in den USA zeigt, dass wir nicht in der Lage sind, uns ein genaues Bild zu machen, wo an was geforscht wird". Die "Berliner Zeitung" zitiert Simitis mit den Worten: "Ich halte die Klonversuche fuer ethisch und rechtlich unvertretbar." Die Freiheit der Forschung muesse ihre Grenzen finden, wo die Wuerde des Menschen beruehrt werde. Dem Blatt gegenueber betonte Simitis, dass das Vorgehen der US-Forscher de
utlich mache, dass laenderuebergreifende Regeln zur Gentechnik ueberfaellig seien.

Der Obmann der SPD in der Enquetekommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages, Wolfgang Wodarg, erklaerte therapeutisches und reproduktives Klonen unterschieden sich letztlich nicht. Wer das therapeutische Klonen zulasse, bereite den Weg zum reproduktiven Klonen.

Scharfe Kritik aeusserten auch evangelische und katholische Kirche in Deutschland sowie der Vatikan.