05.05.2025

Ein Kommentar zum den Kirchentag 2025

Dr. Reinhardt Schink: Rückblick auf das Großevent in Hannover

„Mutig, stark, beherzt“

Dr. Reinhardt Schink

Etwa 100.000 Besucher, rund 1500 Veranstaltungen – der Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover war eine Veranstaltung der Superlative und präsentierte ein Programmangebot mit einer unglaublich breiten Themenpalette: unzählige Gottesdienste, Mitmachforen, Gebetsveranstaltungen, Bibelarbeiten, Konzerte, Thementage mit vielen guten und auch kontrovers diskutierten Impulsen. Selbst eifrige DEKT-Besucher schaffen kaum mehr als die Teilnahme an 1% aller Veranstaltungen.

Das biblische Leitmotiv hinter dem Kirchentagsmotto: „Mutig, stark, beherzt“ ist an die Schlussaufforderung des Paulus aus seinem ersten Brief nach Korinth angelehnt: Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark! Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! (1.Korinther 16,13-14) Steht im Glauben – im Kontext dieses Briefes geht es zentral um das „Wort vom Kreuz“, das Paulus mit Nachdruck predigt, und um diesen einen Grund, der gelegt ist, und das ist Jesus Christus (1.Kor 1 und 2). Und darum, dass dieser „Christus auferweckt ist von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind“ (1. Kor 15).

Viele der Themen, die der Kirchentag diskutiert, sind gesellschaftspolitisch relevante Fragen. Sie brauchen Antworten. Aber dem Kirchentag würde eine Fokussierung auf diese christologische Mitte des Evangeliums guttun. Mehr noch, sie ist die Existenzberechtigung für den Kirchentag und die Lebensgrundlage aller Jesus-Nachfolger. Hier liegt die Kernkompetenz des Glaubens, nämlich den zu verkünden, der gelitten hat unter Pontius Pilatus, gekreuzigt und gestorben ist und begraben wurde, der hinabgestiegen ist in das Reich des Todes, aber am dritten Tage auferstanden ist von den Toten. Um ihn geht es, denn er wird kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

So bleibt im Rückblick auf den Kirchentag 2025 einerseits das dankbare Anerkennen, dass die Kirche in unserer Gesellschaft noch sichtbar ist: Das Stadtbild in Hannover war vom Kirchentag und seinen Besuchern unübersehbar geprägt. Auch in den Medien und bei den Verantwortungsträgern in Politik und Wirtschaft wurde er wahrgenommen. Andererseits bleibt die schmerzliche Frage, ob wir unserer Verantwortung gerecht wurden, die Frohe Botschaft in den Mittelpunkt zu stellen, oder ob es letztlich eine Themenverfehlung war? Persönlich will ich der Frage nicht ausweichen, ob ich tatsächlich der lebensverändernden Kraft des Evangeliums auch in der heutigen Zeit mit ihrer besonderen Herausforderung vertraue. Gerade angesichts der verschiedenen Strömungen auf dem Kirchentag habe ich in Hannover meine Entscheidung bekräftigt, dass das „Wort vom Kreuz“ Grundlage, Zentrum und Kraftquelle für Alles ist. Dankbar bin ich für das von der Evangelischen Allianz beim Kirchentag  gestaltete Angebot, bei dem diese Dimension sehr deutlich wurde und das für viele ein wertvoller, richtungsweisender Hoffnungsimpuls war.

Menschen zu einer Glaubens- und Vertrauensbeziehung an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus einzuladen – das sollte zentrales Anliegen eines Kirchentags sein. Dass dieser Glaube auch zu vielen gesellschaftspolitischen Fragen etwas zu sagen hat, ist keine Frage. Die Bergpredigt und vielen anderen Jesusworte lassen grüßen. Luther fasst es in „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ so zusammen: Aus dem allem ergibt sich die Folgerung, dass ein Christenmensch nicht in sich selbst lebt, sondern in Christus und seinem Nächsten. In Christus durch den Glauben, im Nächsten durch die Liebe.

Reinhardt Schink