10.05.2022

175 Jahre für die Einheit

Schweizerischen Evangelischen Allianz feiert Geburtstag

Mit Henry Dunant auf Spurensuche in Genf – mit Zeitzeugen unterwegs an Christustagen und weiteren prägenden Ereignissen – mit mutiger Stimme erfolgreich im Einsatz für Gerechtigkeit: Das Jubiläumsfest zum 175. Geburtstag der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA-RES führte den über 200 Teilnehmenden auf einer Zeitreise das reiche Erbe der Allianzbewegung in der Schweiz vor Augen. Ausserdem wählte die Delegiertenversammlung Beat Ungricht einstimmig zum neuen Präsidenten der SEA und verabschiedete Wilf Gasser nach 14 Jahren aus diesem Amt. 

Es war in Genf zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als eine Gruppe von Christen, darunter ein gewisser Henry Dunant, den Weg ebnete für die Evangelische Allianz auf Schweizer Boden. Sie war inspiriert von der Gründung der internationalen Allianzbewegung ein Jahr zuvor in London – in einem gesellschaftlichen Klima geistlicher Desorientierung und sozialer Spannungen. 175 Jahre später blickt die Schweizerische Evangelische Allianz SEA-RES voller Dankbarkeit auf ihr reiches Erbe zurück. Sie tat dies mit über 200 Personen an einem grossen Jubiläumsfest in Tavannes. Henry Dunant selbst – dargestellt von Norbert Valley – nahm die Teilnehmenden mit in seine Lebenswelt im vorletzten Jahrhundert und erinnerte sie daran, wie wichtig es ist, dass Glaubensverkündigung und soziales Engagement einhergehen. «Ja, die Bibel soll im Zentrum stehen, aber sie lebt in der Liebe zum Nächsten, besonders gegenüber den Schwächsten.»

Von vollen Fussballstadien und dem Einsatz für Gerechtigkeit

Die drei Stichworte Gebet, Bibel und Mission bildeten den roten Faden durch die Feier mit zahlreichen Schlaglichtern aus der Geschichte der SEA-RES. So nahm Hanspeter Nüesch, ehemaliger Leiter von Campus für Christus, das Publikum gedanklich mit in die grössten Schweizer Fussballstadien, wo ab 1980 die Christustage Tausende Christen aus der ganzen Schweiz zum Gebet für das Land versammelten. «Inzwischen haben 17 Nationen nach Schweizer Vorbild solche Christustage durchgeführt und nach einer Pause von zwölf Jahren wäre es auch hierzulande wieder Zeit für einen solchen Anlass», sagte Nüesch. Und er unterliess es nicht, darauf hinzuweisen, die SEA-RES sei das ideale Gefäss, um die Christen quer durch die Denominationen wieder dazu zusammenzurufen.

Michael Mutzner, ehemals stellvertretender Direktor des Réseau évangélique suisse RES, sprach darüber, dass die SEA-RES immer wieder mutig ihre Stimme für Gerechtigkeit erhebt – und dabei mitunter Gehör bei den Behörden findet. Dies illustrierte er am Beispiel eines Berichts über Menschenhandel, der im Jahr 2013 bei den Bundesbehörden eingereicht wurde und mit den Anstoss gab zum Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel.

Das Schlusswort der Feier gehörte dem Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher. Er betonte die zentrale Bedeutung der nationalen Allianzen – neben der Schweiz in 142 weiteren Ländern –, denn auf dieser Ebene werde die Einheit konkret gelebt. «Es ist für mich etwas ganz Faszinierendes, dass es uns gelingt, trotz ständiger Neuzugänge am Ende immer die Einheit des Leibes Christi deutlich zu machen.» Dafür werde aber auch in den Herausforderungen der Zukunft «viel Gebet, viel Dialog und viel Hören aufeinander» nötig sein.

Ein Vernetzer geht – ein Vernetzer kommt

Den Feierlichkeiten war am Vormittag die ordentliche Delegiertenversammlung vorausgegangen, an welcher der Wechsel im Präsidium und Neuwahlen in den Vorstand im Zentrum standen. Der langjährige Präsident Wilf Gasser wurde als vernetzende, visionäre, kommunikative und weitherzige Persönlichkeit aus seinem Amt verabschiedet. Ihm sei es immer wieder gelungen, das einheitsstiftende Potenzial zu aktivieren, er habe überall die Chancen und Möglichkeiten gesehen und sei bereit gewesen, die Extrameile zu gehen und sich auch zu exponieren, so die Voten einiger Weggefährten. Wilf Gasser selbst blickte mit Dankbarkeit auf die Zeit im SEA-Vorstand zurück: «In den Anfängen stellte ich da und dort noch ein Konkurrenzdenken zwischen den Kirchen fest, das heute überwunden ist.»

Mit Beat Ungricht tritt ein bisheriges Vorstandsmitglied die Nachfolge von Wilf Gasser an. Die Wahl des Regionalleiters von Chrischona Schweiz fiel einstimmig aus. Er wolle insbesondere mit seinen Begabungen als Vernetzer und in strategischen Fragen der SEA dienen und dabei auf Gott ausgerichtet sein, denn: «Mein Ja für dieses Amt gebe ich im Wissen, dass ich auf Hilfe angewiesen bin.» Die obligate Stabübergabe erfolgte anhand eines Schlüssels mit der Aufschrift des Bibelzitats aus Matthäus 16,19 als Symbol für geistliche Autorität.

Neu und ebenfalls einstimmig in den Vorstand gewählt wurden zudem Heike Breitenstein, die für das Pontes Institut für Wissenschaft, Kultur und Glaube tätig ist, und Sultan Assawahri, der als Integrationsmitarbeiter und interkultureller Berater unter Migranten arbeitet. Schließlich konnten die Delegierten einen leicht positiven Rechnungsabschluss 2021 genehmigen. Für das laufende Jahr wurde eher vorsichtig budgetiert, unter anderem wegen unsicheren wirtschaftlichen Aussichten von Großspendern.