21.09.2018

Worte verdrehen oder Lösungen schaffen?

Über sprachliche Genauigkeit, Spitzfindigkeiten und wirkliche Probleme ein Kommentar des Politikbeauftragten der Deutschen Evangelischen Allianz, Uwe Heimow­ski (Berlin).

„Es heißt Geflüchtete“, fuhr mir die Frau über den Mund. Ich hatte „Flüchtlinge“ gesagt. Wir sprachen über zwei Stellungnahmen der Deutschen Evangelischen Allianz. In der einen heißt es, Politik dürfe dem „Sterben im Mittelmeer nicht weiter zusehen“, in der anderen geht es um „Neun Punkte für eine Flüchtlings- und Migrationspolitik“. Pointierte Positionen, die zur Diskussion einladen. Doch dazu kam es erst gar nicht, weil wir angeblich den falschen Begriff benutzt hatten.

Das lässt viele Bürger die Köpfe schütteln

Hören wir nach Chemnitz. Gab es dort eine Jagd, eine Hetzjagd oder ein „Nacheileverhalten“ (sp der Politikwissenschaftler Werner Patzelt)? Fakt ist: Ein Mann wurde getötet. Hitlergrüße wurden gezeigt. Ein jüdisches Restaurant wurde angegriffen. Eine linksextreme Band trat auf. Viel Stoff für notwendige politische Debatten. Über Integration, über Gewalt von rechts und links. Doch worüber diskutieren wir? Über Begriffe. Oder nehmen wir die Causa Maaßen. Der Chef des Verfassungsschutzes stellt infrage, ob ein Video unbekannter Herkunft tatsächlich „authentisch“ ist. Es zeigt, wie Männer auf einen Migranten losstürmen. Augenzeugen berichten, dass wenige Sekunden später die Polizei vor Ort war. Im Video ist davon nichts zu sehen. Hat dieses echte Video also die Situation „authentisch“ wiedergegeben?Dass darüber ein nächster Koalitionsstreit entbrannte, lässt viele Bürger die Köpfe schütteln.


Wortverdreher ärgern mich

Letztes Beispiel: der „Marsch für das Leben“ in Berlin. Da wird plötzlich von „sogenannten“ Lebensschützern gesprochen. Statt das Anliegen ernst zu nehmen, werden friedliche Demonstranten mit einer kleinen Spitzfindigkeit diffamiert.Wortverdreher ärgern mich, und so konnte ich mir eine Replik auf die „Geflüchteten“ nicht verkneifen: „Okay, ich habe es verstanden, zukünftig spreche ich dann von Geschmetterten statt von Schmetterlingen …“