02.08.2018

Allianzkonferenz: Unionspolitiker fordert Respekt in der Flüchtlingsdebatte

Kauder: „Wir können über Menschen nicht sprechen wie über Kartoffelsäcke"

Volker Kauder

B a d  B l a n k e n b u r g (DEA) - Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder, hat erkennbaren Respekt und einen angemessenen Ton in der Flüchtlingsdebatte gefordert. In der Diskussion müsse deutlich werden, dass man letztlich über Menschen spreche, die Ebenbild Gottes seien. „Das heißt, dass ich über Menschen nicht sprechen kann, wie über Kartoffelsäcke", sagte Kauder. Ihm passten da „einige Formulierungen" nicht. Kauder stellte sich in einem Gespräch auf der 123. Allianzkonferenz der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) in Bad Blankenburg den Fragen der Konferenzteilnehmer.
Die Frage, ob ein Mensch hier gebraucht würde, dürfe nicht zum Maßstab fürs Asyl erhoben werden. „Migration ist kein Thema der heutigen Zeit, sondern ein Thema, wenn die Lebensmöglichkeiten in der Heimat nicht ausreichen", sagte Kauder und verwies darauf, dass auch Deutsche in der Vergangenheit ihre Heimat verlassen hätten, als ihnen das Land keine Lebensgrundlage mehr bot. Es gelte, die Lebensumstände in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu verbessern. Kauder gestand ein, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sei, die Politik würde sich nur noch um die Migranten kümmern. Dieser Eindruck sei allerdings falsch. 

Kauder verteidigte die Praxis des BAMF bei der Prüfung der Asylgründe. „Beim BAMF wird das Taufzeugnis nicht hinterfragt, sondern akzeptiert", erklärte der Unionspolitiker. Jedoch müsse jeweils noch geprüft werden, ob der Getaufte auch seinen Glauben in einer Ortsgemeinde lebe. „Allein durch das Taufzeugnis, von dem keiner Kenntnis hat, ist er nicht gefährdet", sagte Kauder. Wer jedoch seinen Glauben lebe, könne im Herkunftsland Gefahr ausgesetzt sein. „Auch als überzeugter Christ sage ich: Wir müssen schon ein bisschen prüfen.“ Die Taufe allein als Grundlage für das Bleiberecht zu akzeptieren, könne ungeahnte Konsequenzen nach sich ziehen. Problematisch sei jedoch die neue, kürzere Frist des BAMF zur Entscheidung über einen Asylantrag. Diese reiche zur Prüfung des Glaubens nicht aus. 

Zudem wünschte sich Kauder mehr Engagement vor allem junger Menschen in der Politik. Kinder auf die Welt zu bringen, bedeute auch, Verantwortung für deren Erziehung zu übernehmen. Der Unionspolitiker erkannte ein generelles Problem: „Wenn es einem Land über Jahre hinweg wirklich gut geht, sehen immer weniger Menschen die Notwendigkeit, sich zu engagieren." Diese Einstellung erweise sich in Krisenzeiten als fatal. Auch wer den Beruf des Politikers in der Öffentlichkeit verächtlich mache, führe das Land letztlich in den Ruin.
 
Auf die Anfrage, ob die Union noch konservativ sei, antwortete Kauder, diese Diskussion werde schon lange geführt. Jedoch sei diese Frage nicht entscheidend. „Ich sage immer, wir sind die christ-demokratische Union, nicht die konservativ-demokratische Union. Wir sollten mehr über das C als über das K sprechen“. Dies sei allerdings nicht so zu verstehen, dass die CDU eine „christliche Partei“ sei. Stattdessen gründe sich Politik der Unionsparteien auf dem christlichen Menschenbild. „Wir wissen, dass der Mensch Ebenbild Gottes ist, mit einer bestimmten Würde.“ Das könne prinzipiell auch ein Muslim anerkennen. Außerdem betonte Kauder die Wichtigkeit der Religionsfreiheit.

In einer konkreten Fragen das „C" abzufragen, werde dann unmöglich, wenn nicht einmal zwischen evangelischer und katholischer Kirche Einigkeit bestehe. So sei es etwa im Fall der Abtreibungsfrage gewesen. „Mich dann zu fragen: Was ist denn christlich, Herr Kauder? Das geht so nicht!“ Des Weiteren sei es schwer, die CDU als „christliche“ Partei zu verstehen während das Christentum insgesamt an gesellschaftlicher Relevanz verliere. „In der CDU wird niemand getauft oder konfirmiert – wenn Sie wollen, dass die CDU „C" bleibt, schicken Sie uns Christen.“ Man dürfe aber nicht davon ausgehen, dass „Schlachten, die wir als Christen in der Gesellschaft verlieren, im Bundestag gewonnen werden“. 
 
Antisemitische Tendenzen in Deutschland bezeichnete Kauder als „traurige Wirklichkeit“, und warnte davor, die Schuld dafür allein bei muslimischen Migranten zu sehen. „Wir dürfen nicht sagen, dass Deutschland frei von Antisemitismus war, bevor die Muslime kamen“. Sprüche wie „so sind die Juden eben“ dürfe man nicht akzeptieren. So beginne der Niedergang des freiheitlichen Systems, sagte Kauder mit Blick auf die deutsche Geschichte. Dieses System sei nicht fehlerfrei, müsse aber verteidigt werden. Der schnellen Verlegung der Deutschen Botschaft nach Jerusalem erteilte Kauder indes eine Absage. „Ich glaube, wir sollten in Israel und dem Nahen Osten nicht der Provokation der Amerikaner eine weitere hinzufügen, sondern Frieden stiften."
 
Vom 01. bis zum 05. August erwartet die Deutsche Evangelische Allianz Besucher aus Thüringen und dem gesamten Bundesgebiet. 2017 waren rund 1.700 Teilnehmer bei der Konferenz. Neben den Angestellten im Allianzhaus sorgen rund 150 ehrenamtliche Mitarbeiter und Referenten für den reibungslosen Ablauf der Konferenz. Besucher können an der gesamten Konferenz oder als Tagesgäste ohne vorherige Anmeldung teilnehmen. 
 
Seit Mittwoch findet auf dem Gelände der Evangelischen Allianz bereits ein internationales Jugendcamp statt, am Sonntag, dem 29. Juli begannen zudem noch eine Chor- und eine Gebetsfreizeit.
 
Ausrichter der Konferenz ist die Deutsche Evangelischen Allianz (DEA), die ihren Sitz in Bad Blankenburg hat und sich als ein Netzwerk verschiedener evangelisch gesinnter Organisationen und Gemeinden versteht. Gegründet wurde die Deutsche Evangelischen Allianz 1846 in London als interkonfessionelle Einigungsbewegung. Heute bestehen in Deutschland rund 1.000 örtliche Allianzen. Die erste Allianzkonferenz fand 1886 in Bad Blankenburg statt. Ehrenamtlicher Vorsitzender der DEA ist Pastor Ekkehart Vetter, der Präses des freikirchlichen Mülheimer Verbandes.