04.01.2007

Interview: Der neue Allianzvorsitzende Jürgen Werth zur weltweiten Gebetswoche

Gebet bringt näher zueinander

Interview: Der neue Allianzvorsitzende Jürgen Werth zur weltweiten Gebetswoche

Gebet bringt näher zueinander

Vom 7. bis 14. Januar findet auch in vielen Orten Deutschlands die weltweite Gebetswoche der Evangelischen Allianz statt. In diesem Jahr zeichnet erstmals Jürgen Werth als neuer Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz dafür verantwortlich. Benjamin Lassiwe hat mit ihm gesprochen.

Herr Werth, wird die Allianzgebetswoche noch weitere 161 Jahre lang bestehen?

Werth: Vorhersagen sind ja immer schwierig. Und ob es die Gebetswoche im Jahr 2167 wirklich noch gibt, kann man in unserer schnelllebigen Zeit wohl wirklich nicht sagen. Was man aber sagen kann, ist Folgendes: Auch in 161 Jahren wird es noch wichtig sein, dass Christen zusammenkommen, um gemeinsam zu beten. Denn das Gespräch mit Gott bringt Christen nicht nur näher zu Gott, sondern auch näher zueinander. Egal, wie unterschiedlich sie sonst sind.

Aber lassen sich denn heute noch Menschen von traditionellen Allianzgebeten erreichen?

Werth: Es ist natürlich wichtig, dass wir über neue Formen nachdenken. Das Gebet dürfen wir nicht aufgeben – aber die Form muss sich immer wieder ändern. Man muss es nicht immer wie in den letzten 160 Jahren als offene Gebetsgemeinschaft machen, bei der dann jeder Teilnehmer laut eine Fürbitte spricht, man kann auch kleine Kreise bilden oder ein liturgisches Gebet anbieten. In manchen Allianzen gibt es auch Gebetskonzerte. Die Allianzgebetswoche spiegelt das Leben der Gemeinden am Ort wider.

Nun gehört zur Allianzgebetswoche ja auch dazu, dass man an ungewöhnlichen Orten Gebetsabende durchführt. In der Straßenbahn, im Autohaus oder auf der Eislaufbahn. Passt das denn zur biblischen Aufforderung, im stillen Kämmerlein zu beten?

Werth: Nun, in der Bibel gibt es ja mehrere Stellen über das Gebet. Einmal ermahnt uns Jesus, man solle nicht beten, um in der Öffentlichkeit damit anzugeben. Deswegen lieber das Gebet im stillen Kämmerlein. Aber es gibt eben auch die Bibelstelle: �Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel.� Und das ist doch eine ganz starke Verheißung, die zeigt, warum es sinnvoll ist, zusammen zu beten. Der Ort ist dabei nicht von Bedeutung – Gott ist überall bei uns, ob wir nun im Autohaus beten oder im stillen Kämmerlein.

Ein Phänomen in der �frommen Szene� in Deutschland ist ja auch, dass immer wieder neue charismatische Gemeinden entstehen. Oft ist das mit Konflikten mit den etablierten Gemeinden am Ort verbunden. Haben solche Gruppen in der Allianzgebetswoche einen Platz?

Werth: Jeder, dem Jesus Christus konkurrenzlos wichtig ist, muss Zugang zur Allianzgebetswoche haben. Unsere 1100 Ortsallianzen sind natürlich sehr unterschiedlich geprägt – in vielen Allianzen spielen die neuen charismatischen Gemeinden aber eine wichtige Rolle, weil das oft Gruppen sind, denen das gemeinsame Beten sehr am Herzen liegt.

Gerade in Ostdeutschland beteiligen sich auch katholische Gemeinden an der Allianzgebetswoche. Wie geht die Evangelische Allianz denn damit um?

Werth: Wenn katholische Christen kommen und mitbeten wollen, schicken wir sie nicht nach Hause. Deswegen gehört aber die katholische Kirche noch lange nicht zur Evangelischen Allianz. Denn die Evangelische Allianz ist kein ökumenischer Dachverband von Kirchen, sondern ein Bündnis von einzelnen Christen aus den unterschiedlichen Kirchen und Gemeinschaften.

Gibt es denn so etwas wie einen Kontrollmechanismus, der verhindert, dass Sektierer und Extremgruppen an der Gebetswoche teilnehmen?

Werth: Evangelische Allianz heißt für mich, dass man mit anderen redet, ebenso wie man auf andere hört. Der andere könnte ja schließlich auch recht haben. Wenn einer irgendwo hingeht und sagt: �Meine Art zu glauben ist die einzig richtige�, dann hat der in der Evangelischen Allianz nichts zu suchen. Evangelische Allianz bedeutet: �Ich habe Sehnsucht nach Ergänzung. Ich kann und will von anderen lernen. Und sie vielleicht von mir.�

Wie steht es denn um die Beteiligung landeskirchlicher Gemeinden? War die früher nicht einmal stärker?

Werth: Bei uns in Wetzlar sind die Gemeinden der Rheinischen Kirche sehr aktiv bei der Allianzgebetswoche dabei. Aber ob eine Gemeinde bei der Gebetswoche mitmacht, hängt häufig von der theologischen Prägung ihres Pfarrers ab. Insgesamt glaube ich aber schon, dass es bei den Landeskirchen noch Nachholbedarf in Sachen Gebetswoche gibt – das mag aber auch daran liegen, dass in vielen Kirchengemeinden das frei gesprochene, offene Gebet nicht sehr gepflegt wird.

Könnte es denn auch an einem gewissen evangelikalen Sendungsbewusstsein liegen, dass mancher Pfarrer keine Lust mehr auf die Allianzgebetswoche hat?

Werth: Wenn es irgendwo Probleme gibt, sind meist beide Seiten daran schuld. Aber es stimmt, wir Evangelikalen wirken vielleicht zuweilen etwas überheblich. Ich sage dazu immer: �Der erhobene Zeigefinger ist keine Frucht des Heiligen Geistes.� Auch wir müssen zu Veränderungen bereit sein.

Herr Werth, wir danken für dieses Gespräch.

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