06.05.2001

Keine Änderung des Embryonenschutzgesetzes

Generalsekretär Hartmut Steeb schreibt an Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn

Keine Änderung des Embryonenschutzgesetzes

Generalsekretär Hartmut Steeb schreibt an Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn

Im Hinblick auf die neuen Forderungen aus der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur teilweisen Aufloesung der bisherigen Schutzbestimmungen des Embryonenschutzgesetzes hat der Generalsekretaer der Deutschen Evangelischen Allianz die Forschungsministerin Edelgard Bulmahn um Beachtung der vom Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz verabschiedeten Entschliessung gebeten. Hier sein Schreiben an die Ministerin von heute:

"Sehr geehrte Frau Ministerin,
herzlichen Dank für Ihre Äußerung im Hinblick auf die Forderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (laut Pressemitteilung Ihres Hauses 60/2001). Die Deutsche Evangelische Allianz bittet Sie sehr dringend, die guten gesetzlichen Regelungen des deutschen Embryonenschutzgesetzes beizubehalten. Der Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz hatte sich in seiner letzten Sitzung ausführlich mit den damit zusammenhängenden Fragen befasst und hierzu beigefügte Erklärung abgegeben. Wir möchten Sie sehr bitten, diese unsere Äußerung bei den weiteren Diskussionen und Entscheidungen zu berücksichtigen."

 

Die Erklärung des Hauptvorstands lautete:
Keine Änderung des bewährten Embryonenschutzgesetzes

In der gegenwärtigen Diskussion um die Neufassung des Embryonenschutzgesetzes geht es darum, ob und unter welchen Voraussetzungen verbrauchende Forschung mit Embryonen erlaubt werden soll.

Verbrauchende Embryonenforschung verletzt die Menschenwürde und ist deshalb ein Verstoß gegen den obersten Verfassungsgrundsatz, Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Im Unterschied zu anderen Artikeln der Verfassung ist dieser Artikel auch nicht durch eine verfassungsändernde Mehrheit im deutschen Parlament abänderbar (Artikel 79 Abs. 3).

Zunehmend wird von Philosophen und Juristen unterschieden zwischen bloß biologisch menschlichem Leben einerseits, dem die Menschenwürde abgesprochen wird, und der menschlichen Person andererseits, der diese Würde zuerkannt wird. Dagegen ist festzustellen: Menschliches Leben darf nicht getrennt werden vom Leben der Person. Es beginnt mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle. Jede andere Festlegung im Blick auf den Beginn des Menschseins ist willkürlich. Das Leben hat also von allem Anfang an Menschenwürde. Ein abgestufter Rechtsschutz ist deshalb nicht zulässig.

Menschenwürde und Personsein sind keine empirisch begründeten Größen. Das besagt, daß die Menschenwürde nicht gleichzusetzen ist mit körperlichen, seelischen oder geistigen Fähigkeiten des Menschen, wie z. B. körperliche Unversehrtheit, Selbstbewußtsein, empirische Freiheit und Vernunft. Die Menschenwürde ist vielmehr mit dem Leben zugleich gegeben. Sie ist daher von allen Menschen anzuerkennen. Es steht daher keinem Menschen zu, die Würde, Mensch im Sinne von Person zu sein, anderen abzusprechen. Dieses Verständnis von Menschenwürde entspricht der biblischen Auffassung von der Gottesebenbildlichkeit, die dem ganzen menschlichen Leben von Gott vom Beginn bis zum Tod und darüber hinaus zugesprochen ist. Sie kann deshalb selbst durch schwere Krankheit oder Behinderung nicht verloren gehen. Daher steht es keinem Menschen zu, ein Urteil über den Lebenswert zu fällen, indem man zwischen „lebenswertem“ und „lebensunwertem“ Leben unterscheidet.

Die Menschenwürde und das in ihr begründete Lebensrecht dürfen auch zu Zwecken therapeutischer Ziele nicht angetastet werden.

Wir sehen dieses Verständnis von Menschenwürde, wie es im Grundgesetz verankert ist, durch folgende derzeit zur Diskussion stehende wissenschaftliche und therapeutische Methoden gefährdet:

- Alle Methoden, bei denen embryonales Leben verbraucht wird. Dazu gehört die Forschung mit menschlichen Stammzellen, die aus menschlichen Embryonen gewonnen werden zum Zweck des sogenannten „therapeutischen Klonens“. Ferner die „Präimplantationsdiagnostik“, da sie notwendig zu ihrer Entwicklung auf eine verbrauchende Forschung mit Embryonen angewiesen ist und sie unvermeidlich Embryonen erzeugt, die nicht in den Mutterleib transferiert werden.

- Alle Methoden, die dazu herausfordern, zwischen „lebenswertem“ und „lebensunwertem“ Leben zu unterscheiden. Dies ist eindeutig bei der Präimplantationsdiagnostik der Fall, da sie eigens zur Selektion kranker Embryonen durchgeführt wird. Diese Problematik liegt auch schon bei der pränatalen Diagnostik vor, weil nach der Diagnose einer Behinderung in der Regel ein Schwangerschaftsabbruch stattfindet.

Das Embryonenschutzgesetz steht in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Es darf deshalb weder geändert noch durch Ausnahmeregelungen ausgehöhlt werden.


28. März 2001 in Bad Blankenburg/Thüringen
Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz