09.06.2020

Mehr Aufmerksamkeit für die Systemrelevanz der Familie

Ein Kommentar von Hartmut Steeb, ehem. Generalsekretär der EAD

Wenn die außerfamiliäre Kinderbetreuung und wenn die Schule nicht mehr funktionieren, dann ist das Elternhaus dran. Dann spielt es eine sehr große Rolle, ob Kinder ein gutes Zuhause in der Familie haben, ob Familie im besten Sinne des Wortes funktioniert, also ihre Funktion wahrnehmen kann, als die kleinste, elementarste und wichtigste Zelle, auch für die gesamte Gesellschaft.

In die Familie investieren

In den letzten Jahrzehnten ging es in der sogenannten Familienpolitik hauptsächlich um die Förderung außerfamiliärer Berufsarbeit. Deshalb hat der Staat ganz einseitig außerfamiliäre Kinderbetreuung, Ganztagesbetreuung und Ganztagesschulen subventioniert. Wer aber auf Dauer auf eine gesunde krisenfeste Gesellschaftsstruktur setzt, tut gut daran, in die Familie selbst zu investieren. Sie braucht wirkliche Wahlfreiheit und Gleichberechtigung: gleiche Subventionierung in die Familien hinein, wenn sie selbst für die Betreuung aufkommen wollen. Wer hauptberuflich seine Kinder selbst erziehen will, verdient für diese Hochleistung ein ordentliches Gehalt. Sie sind nicht „nichtberufstätig“, sondern arbeiten zu Hause in der wichtigsten Werkstatt einer gelingenden Zukunft. So würden zudem auch noch die geknickten Erwerbsbiografien hauptamtlicher Eltern bis hin zu den Folgen der Altersarmut nachhaltig verändert.

Das Kindergeld ist kein Geschenk

Das Konjunkturpaket zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemiepolitik enthält kleine Akzente für die Familienförderung. 2,5 bis drei Prozent des auf 130 Milliarden Euro (oder 167 Milliarden, so die Berechnung der Zentralen Datenstelle der Finanzminister) bezifferten Hilfspaketes sollen in die direkte Familienförderung durch die einmalige Zusatzzahlung eines Kindergeldes in Höhe von 300 Euro fließen (nicht nur nebenbei: Für die Lufthansa-Rettung wird mehr als die doppelte Summe zur Verfügung gestellt, ein Drittel davon „nur“ als Kredit). Nicht alle, aber jene Familien mit nicht wirklich großem Einkommen dürfen sich freuen. Denn, was leider kaum bekannt ist: Das Kindergeld ist kein Geschenk des Staates. Es wird mit der Steuer verrechnet. Wer über ein steuerpflichtiges Familieneinkommen von über 90.000 Euro jährlich verfügt, hat keinen zusätzlichen Bonus, weil die Folgen des sogenannten Kinderfreibetrags mehr bringen als das Kindergeld, das dann darauf schon angerechnet wird. Übrigens wird dabei auch deutlich, dass der Gesellschaft Kinder immer noch nicht gleich viel wert sind wie Erwachsene. Für sie werden 9.168 Euro jährlich als steuerfreien Grundfreibetrag angesetzt, für Kinder nur 7.812 Euro. Es ist dringend nötig, auch in materiellen Fragen die Gleichberechtigung der Kinder zu vollenden. Das Konjunkturpaket für die Familien: ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Mehr davon, bitte.